Zulassungen und Patente von Massivdecken in der BRD bis 1960
Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Massivdecken nahm in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg rasch zu. Insbesondere wurden zahlreiche Deckenbauweisen ohne Schalung entwickelt.
Durch den Raubbau in den Wäldern während der Nazi – Zeit war Bauholz ein rares Gut geworden. Des Weiteren förderte die „Verordnung zur Hebung der baulichen Feuersicherheit“ aus dem Jahre 1943 den Einsatz massiver Decken im Wohnungsbau. Diese Verordnung galt in der Bundesrepublik Deutschland bis in die Mitte der 1950er Jahren. Danach wurde sie in neu veröffentlichten Bauvorschriften eingearbeitet. Ein Beispiel dafür ist das Baugesetz des Saarlandes aus dem Jahre 1955. Im § 107 dieses Gesetzes heißt es:
Über jedem Vollgeschoß sind die Decken aus nicht verbrennbaren Baustoffen (Massivdecken) herzustellen in Gebäuden
a) mit 3 und mehr Vollgeschoßen
b) mit zwei Vollgeschoßen und einer Grundfläche von mehr als 500 m²
Die Massivdecken über dem obersten Vollgeschoß müssen feuerbeständig und möglichst wasserdicht sein.
Auf Grund der beiden o.g. Tatsachen vergrößerte sich der Marktanteil von Massivdecken erheblich. In den ersten Jahren der Bundesrepublik Deutschland wurde die Zulassung auf der Grundlage der Verordnung über die allgemeine baupolizeiliche Zulassung neuer Baustoffe und Bauarten genehmigt.
Diese Verordnung wurde im Jahre 1937 vom Reichsarbeitsminister erlassen. Die technischen Bestimmungen waren in DIN 4110 veröffentlicht worden. In dieser DIN-Norm sind die Einzelheiten für die Zulassung unter anderem von neuen Massivdecken geregelt. Von 1949 bis 1951 wurden neue Deckenbauweisen in den einzelnen Bundesländern vergeben. Das heißt, man musste die Massivdecke in jedem Bundesland separat beantragen. Erst 1951 wurde die Verwaltungsvereinbarung für die einheitliche Regelung des Verfahrens der allgemeinen Zulassung neuer Baustoffe und Bauarten im Bereich der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin beschlossen.
Ab Ende der 1950er Jahren bis Anfang der 1960er Jahren wurden die Zulassungsbedingungen in den Bauordnungen der einzelnen Länder verankert. Ein Beispiel ist die Hessische Bauordnung von 1957. Die DIN 4110 wurde am 01. 06. 1959 zurückgezogen.
Anders als auf dem Gebiet der DDR gab es in der BRD keine Reglementierung für Massivdecken. Allein 1949 wurden fast 50 Deckenbauarten in Nordrhein-Westfalen zugelassen. In den Jahren 1945 bis 1953 waren in Bayern über 170 Deckenkonstruktionen zugelassen.
1. Übersicht von ausgewählten Massivdecken (Auszug)
Deckensystem | ||||||
Stahlbewehrte Ziegelsplittbeton Platte | 20,5 | 5,66 | 52,5 | 0,0343 | 4,92 | 30,0 |
Rippendecke gemäß DIN 4158 |
24,6 | 5,72 | 41,7 | 0,0336 | 5,79 | 30,6 |
Stahlsteindecke auf Schalung gemäß DIN 4159 |
24,6 | 3,80 | 21,7 | 0,0336 | 4,35 | 31,6 |
Stahlstein-Balkendecke |
24,0 | 4,93 | 21,8 | 0,0193 | 4,39 | 30,1 |
Rippendecke aus Fertigteilen mit aufgelegten Platten | 31,5 | 7,85 | 29,9 | 0,0193 | 6,24 | 29,6 |
Rippendecke aus Fertigteilen mit Füllkörpern und Aufbeton | 26,0 | 6,17 | 38,0 | 0,0193 | 5,09 | 28,7 |
Rippendecke aus Fertigteilen mit druckbeanspruchten Füllkörper | 25,5 | 5,93 | 43,8 | 0,019 | 5,11 | 29,4 |
Vollbalkendecke aus dicht verlegten Fertigbalken | 25,0 | 10,50 | 45,7 | 0,0160 | 6,08 | 33,9 |
Entnommen: Triebel, W., Braun, G., Massivdecken und Fußbodenbeläge im Wohnungsbau, Hannover, 1954.
2. Zulassung von Massivdecken ab 1945 (Auswahl)
Zulassungsinhaber | Zulassungsgegenstand | Geltungsdauer |
Clemens Erath | Fertigbalkendecke | 1948 - 1953 |
Gustav Reese | Beton- Hohlsteindecke | 1948 - 1952 |
Ziegelwerk Ditzingen GmbH | Balkendecke | 1949 - 1954 |
Karl Lehmann | Legiba Decke | 1950 - 1953 |
Lindemann & Schmauder | Ulmer Montagedecke | 1949 - 1954 |
Mutter & Schüssler GmbH | Mainzer-Union Decke | 1950 - 1952 |
Ing. Büro P. Hermann & A. Kohns | Primusdecke | 1948 - 1950 |
Anmerkung: Im Fachbuch „Bau- und Feuersicherheit“ von Karl Grobholz aus dem Jahre sind weitere 173 Zulassungen von Deckenkonstruktionen abgedruckt.
Abbildung: Primusdecke. Technische Angaben:
Gewicht der Rohdecke | 215 bis 240 kg/m² |
Höhe der Rohdecke | 17 bzw. 20 cm |
Gewicht der Fertigteilbalken | 22,2 kg |
Achsabstand | 62,5 cm |
Stahlbedarf | ca. 6 kg/m² |
3. Patente bis 1960 (Auswahl)
Patentgegenstand | Patentinhaber | Ausgabe | Patent Nr. |
schalungslose Stahlverbundträger Massivdecke | Richard Batz / Georg Walter | 25.09.52 | 850 800 |
Deckenbauweise mit Fertigteilen aus Beton | Karl Brakemeier | 27.12.51 | 826 190 |
Stahlbetonrippendecke | Wilhelm Bruchmüller | 19.04.51 | 804 243 |
Stahlsteindecke | Heinrich Ludwig Dehn | 12.07.51 | 808 378 |
Kassettendecke bestehend aus Stahlbeton | --- | 25.11.53 | 897 753 |
Stahlbeton-Hohlbalkendecke | Wilhelm Geyer | 12.04.51 | 803 938 |
Hohlkörperdecke | Ludwig Gunser | 22.01.51 | 801 740 |
Schalungsfrei verlegte Stahlbetonrippendecke | Willy Lauterbach | 02.04.51 | 803 368 |
Stahlbeton-Hohldiele | Werner Münder | 04.04.55 | 926 034 |
Schalungslos herzustellende Stahlbetonrippendecke | Leopold Perplies / Marta Perplies | 02.08.56 | 946 390 |
Winkelförmiger Stahlbetonbalken und aus derartigen Deckenbalken hergestellte Plattenbalkendecke | Adolf Stetter | 05.03.59 | 1 099 714 |
Stahlbeton - Plattenbalkendecke | Karl Zeller | 08.03.56 | 940 016 |
Anmerkung: Laut Friedrich Eichler waren 1955 über 4000 Decken patentiert.
4. Massivdeckenübersicht mit Angaben zum Wärmeschutz (Auszug)
DIN | Aufbau der Decke und besondere Kennzeichen | Dicke [cm] |
Eigengewicht der Rohdecke [kg/m²] |
Mittlerer Wärmedämmwert [m²h°C/kcal] |
4225 | Halbmontage-Decke (Schwerbeton o. Ziegelsplittbeton) Befestigung des Putzträgers im Abstand > 50 cm | 20 | 175 | 0,35 bis 0,05 ¹ |
1045 | Ortbetondecke mit Blechschalung hergestellt, Putzträger möglichst nur an jeder zweiten Rippe befestigt Abstand > 50cm | 25 | 250 | 0,35 bis 0,05 ¹ |
1045 | Ortbetondecke (nicht mittragende Hohlkörper aus Leichtbeton) | 20 | 360 | 0,3 bis 0,55 ² |
1045 | Ortbetondecke (nicht mittragende Hohlkörper aus zementgebundene Holzspänen) | 20 | 270 bis 300 | ca. 0,75 |
1045 | Ortbetondecke (Hohlkörper aus Holzrahmen mit Rohrung und pappeverkleidet) | 20 | 230 | ca. 0,6 |
4225 | Halbmontagedecke | 20 | 200 bis 240 | 0,25 bis 0,35 ² |
4225 | Zweischalige Halbmontagedecke | 20 | 220 bis 240 | 0,05 bis 0,7 ¹ |
1046 | Stahlsteindecke | 20 | 250 | ca. 0,35 |
4225 | Halbmontagedecke | 20 | 250 bis 280 | 0,25 bis 0,35 ² |
4225 | Halbmontagedecke mit Schalen aus Leichtbeton | 20 | 180 bis 230 | 0,4 bis 0,6 ¹ |
4225 | Ortbetondecke mit Schalenkörper aus zementgebundenen Holzspänen | 20 | 180 | 0,75 bis 1,0 ¹ |
4225 | Vollmontagedecke mit Hohlkörper aus Leichtbeton | 20 | 250 | 0,3 bis 0,4 ² |
4225 | Vollmontagedecke, schlaffbewerte o. vorgespannte Stahlbetonhohldielen aus Leichtbeton mit Druck- und Zugzonen aus Schwerbeton | 20 | 210 | ca. 0,4 |
4225 | Vollmontagedecke, schlaffbewerte o. vorgespannte Balken, evtl. aus einzelnen Hohlkörpern zusammengesetzt | 20 | 280 | ca. 0,2 |
¹ je nach Putzrägerart, ² je nach Füllkörpermaterial
Anmerkung: Die vollständige Tabelle ist in den „Bautechnischen Merkheften für den Wohnungsbau“ Nr. 8, 1956, abgedruckt.
In der Baufachzeitschrift „Bauwelt“ sind in den Jahrgängen 1954 bis 1959 unter der Rubrik Vergleichende Zusammenstellung von Decken und Wänden von Prof. R. v. Halasz zahlreiche Deckensysteme abgedruckt. In dieser Zusammenstellung findet man u.a. folgende Kennwerte:
- Verwendbar als
- Fußbodenausbildung
- Unterdecke
- Gesamtdicke
- rechnerischer Wärmedämmung 1 /Λ nach DIN 4108
- Trittschalldämmung nach DIN 52211
- Luftschalldämmung nach DIN 52211
- Gesamtgewicht Fußboden + Rohdecke + Unterdecke
- z.T. Widerstand gegen Feuer nach DIN 4102 Blatt 2
Hinweis:
Die in der historischen Fachliteratur und Dokumenten angegebenen Werte dienen nur für einen Vergleich infolge einer Nutzungsänderung. Für einen erneuten Standsicherheitsnachweis von historischen Stahlbetondecken sind der gegenwärtige Zustand und die aktuellen verbindlichen Bestimmungen zu beachten.
Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.
Quellen:
- www.baufachinformation.de
- www.bbr-server.de
- www.dpma.de
- Ahnert, Rudolf, Karl Heinz, Krause, Typische Baukonstruktionen von 1860 bis 1960, Berlin, 2009
- Bargmann, Horst, Historische Bautabellen, Köln, 2013
- Hardt, Franz, Baukonstruktion für Architekten, Stuttgart, 1950
- Schmitt, Heinrich, Hochbaukonstruktion. Ravensburg, 1956